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March

2022

KM48: «The Non-Convenience Store»

Vernissage: Fr 04.03.22, Werkgespräch: Sa 05.03.22 18 Uhr, Finissage: So 27.03.22
Öffnungszeiten: Freitag 18–21 Uhr / Samstag & Sonntag 16–19 Uhr


Am Rande der gewohnten Welt, wo die gelernten Regeln sich verschieben, befindet sich «The Non-Convenience Store». Halb Zürcher Spielgeschäft für zweckfremde Dinge, halb Ausstellung, frei schwebend im digitalen Raum, lädt das Kein Museum in eine verspielte Zwischenwelt ein.


«Queering Games»

Gemeinsam mit den Künstler:innen Melody Chua, Quarck und Laurent Jakimow hat sich Kein Museum im Rahmen von Queering Games ein Jahr lang der Schnittstelle von Queer Theory und Game Design gewidmet. Queering Games ist ein künstlerisches Forschungsprojekt, das Spielen als Methode nutzt, um gesellschaftliche (Spiel-)Regeln mittels Queer Theory zu hinterfragen. Während sich Kein Museum einerseits mit der Frage beschäftigt hat, welche Regeln wir unbewusst reproduzieren aber auch neu entwerfen, wenn wir unsere Ausstellungen als Spielfeld betrachten, haben die Künstler:innen im Game-Design danach gefragt, was Queering auf der Ebene der Darstellung, Mechanik und Regeln bedeuten und bewirken kann. Einen Einblick in die Recherchen und Workshops des letzten Jahres findet ihr auf unserem Blog


«The Non-Convenience Store»

Die Ausstellung «The Non-Convenience Store» lädt nun ein, die entstandenen Kunst-Games auszutesten. Der Titel ist Programm: Sowohl die dargebotenen Objekte des Stores, wie auch die Mechanismen und Regeln der Kunstwerke entziehen sich einer benutzungsfreundlichen Interaktion. Gezeigt werden Spiele, die nicht gewonnen werden wollen, sondern lieber Geschichten erzählen; Automaten, die keine Dienstleistung erfüllen, sondern eigene Missionen im Schilde führen; Fenster in andere Welten, deren Regeln ständig in Bewegung sind. Als Queer User sind Besuchende gefordert, sich die Regeln der Zwischenwelt im Spiel anzueignen und zu erfahren, was es bedeutet, vom Design nicht mitgedacht oder ausgeschlossen zu werden. 


«Land of Non»

Erfahrungen, die sich einer Definition entziehen, waren nicht nur ständiger Begleiter des kuratorischen Programms des Kein Museum, sondern zeigen sich auch in der Anwendung und sprachlichen Benennung neuer Technologien. Sind KIs am Werk, spricht man von Black-Boxes, deren Output wir nutzen, deren Mechanismen wir aber nicht durchblicken. Treten wir im Spiel in Interaktion mit einem Non-Playable-Character, bleiben wir über die Intention des Computer- oder KI-gesteuerten Wesens im Dunkeln, so auch über die Funktion seiner Erzählung für den Verlauf des Spiels. Ereilt uns das Verlangen, virtuelle Güter zu besitzen, bezahlen wir mit Non-Fungible Tokens, von denen wir allein wissen, dass sie nicht austauschbar sind, doch die Ursprünge der kryptographischen Hashs bleiben uns unbekannt. Wir bewegen uns also in einem «Land of Non», einer Welt, die sich von klaren Definitionen löst und non-binären Logiken Platz macht.


KÜNSTLER:INNEN

Melody Chua (*1994)

Ursprünglich studierte Musikerin mit einem BA in Music Technology und einem BM in Flute Performance in den USA, hat sich Melody Chua während ihrem MA in Music Performance und einem MA in Transdisziplinarität an der ZhdK in Zürich als selbständige Künstlerin etabliert. Sie ist Mitbegründerin der Non-Profit-Organisation für Musiktechnologie und Live-Elektronik-Ensemble Null-state sowie Teil der Impact-Investing-Organisation elea Foundation for Ethics in Globalization. Sowohl als Performerin mit «Chaosflöte», wie auch als Künstlerin und Wissenschaftlerin hat sie bereits zahlreiche Vorträge, Workshops, Performances und multimediale Ausstellungen bestritten. Derzeit absolviert sie ein Dr. artium (künstlerisch-wissenschaftliches Doktorat) an der Kunstuniversität Graz und der Zürcher Hochschule der Künste.


Sebastiaan Edward Cator alias Quarck (*1992)

Sebastiaan Edward Cator hat einen Bachelor in Game Design der Zürcher Hochschule der Künste Zürich, macht einen Master in Computational Arts an der Goldsmiths University of London und agiert als Selbständiger im Bereich Audiovisuelle Medien und Dienstleistungen. Die unter dem Alias Quarck herausgegebenen Arbeiten beschäftigen sich mit soziologischen Themen und der Interaktion zwischen Realität und Digitalität, der Suche nach neuen Verflechtungen von verschiedenen Themen wie der Kreation digitaler Welten und alltagsrelevanten Interaktionen. Das Arbeiten mit einem sich ständig verändernden Archiv, in das nebst den eigenen Arbeiten auch Material aus dem Internet und von Freunden einfliesst, prägt seine Arbeit massgeblich. Das künstlerische Erforschen und Bemühen, die Faszination für das Unverständliche, das Entdecken neuer Produktions- und Interaktionsmöglichkeiten treibt ihn dabei an. Medial bewegt sich Quarck frei, jedoch ist für ihn die Gestaltung sowie Kreation am Computer bleibt für ihn jedoch das wichtigste Element.


Laurent Jakimow (*1983)

Mit 6 Jahren hat Laurent Jakimow am Amstrad-Gerät die Computerwelt für sich entdeckt. Es folgte ein Studium in Netzwerk- und Telekommunikation, sowie ein Studium in Psychologie mit einem Fokus in Kognitionswissenschaften. Nach dem Aufbau einer eigenen Kommunikationsagentur mit Standorten in Deutschland und der Schweiz, liess sich Jakimow definitiv in Zürich nieder, widmete sich innovativen Entwicklungen des In-Flight-Entertainment für die Flugzeugindustrie und leitete später eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. 2018 begann er kostenlose Workshops für Kinder und Erwachsene anzubieten, die spielerisch den Umgang mit IT und neue Technologien vermitteln. Im Museum of Digital Arts lehrte er Kindern die Stromgewinnung aus Äpfeln, am Elektronikfestival Backlash führte er mit “Kids vs. Machines” die Teilnehmenden an die Mechanismen der Gesichtserkennung heran und für das Kein Museum entwarf er eine kompetitive Interaktion mit einem KI-gesteuerten Roboter.


QUEERING GAMES – Eine Einladung zum spielerischen Erkunden und Durchqueren sozialer Konstruktionen (Forschungsprojekt Februar – Dezember 2021)

Resultierend aus unserer bisherigen kuratorischen Arbeit und in Kooperation mit Künstler:innen vergangener Ausstellungen haben wir im Dezember 2020 das Projekt Queering Games entworfen, welches uns nun für ein Jahr begleitet hat.



Gegründet wurde das Kein Museum aus unserem Wunsch heraus, als junge Kulturschaffende unsere eigenen (Forschungs-)Interessen als künstlerische oder ästhetische Forschung im Raum weiterzuführen und durch Kollaborationen mit Akteur:innen aus unterschiedlichen Sparten praktische Fähigkeiten und neue Denkweisen zu gewinnen. Das kuratorische Konzept des Kein Museum ist demnach aus einer experimentellen Praxis entstanden, die in einem zweiten Schritt theoretisch eingeholt und vertieft wurde. Dabei hat uns das «Experimentieren» als epistemologische wie auch als künstlerische Praxis begleitet und einen wichtigen Stellenwert in unserem Schaffen eingenommen. In diesem Projekt tritt nun das Spiel an die Stelle des Experiments und wir loten dessen Möglichkeiten und Erkenntnispotentiale als Ausstellungs- und Forschungspraxis aus. (Mehr dazu hier) 


Queering Games ist ein künstlerisches Forschungsprojekt, welches das Spielen als Methode nutzt, um gesellschaftliche (Spiel-)Regeln mittels Ansätze der Queer Theory zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang kann Queer Theory als spielerische Erforschung sozialer Konstrukte wie Geschlecht, Sexualität, Identität oder Macht beschrieben werden. Während des letzten Jahres hat sich Kein Museum einerseits mit der Frage beschäftigt, welche Regeln wir unbewusst reproduzieren und neu entwerfen, wenn wir unsere Ausstellungen als Spielfeld betrachten. Andererseits haben wir uns in der Kooperation mit den Künstler:innen Quarck (Sebastiaan Cator), Melody Chua und Laurent Jakimow in das Feld der Game-Kunst vertieft, um die Übersetzung und Anwendung von Game-Mechaniken und Spielregeln in Kunstwerken verstehen zu lernen. Queering Games ist also nebst dem Anstoss des Kein Museums, das Projekt dreier eigenständiger Künstler:innen geworden, zusammengehalten durch einen regelmässigen Austausch aller und der Realisation gemeinsamer Workshops.


Das Projekt gliederte sich in drei Phasen: In «Phase I – Anleitung lesen» haben wir drei Workshops an der Schnittstelle von Theorie und künstlerischer Praxis durchgeführt, um spielerisch die Praktiken der Aneignung und des queeren Gebrauchs zu erkunden. In der «physischen Welt» funktionierten wir Alltagsobjekte zu Spielgegenständen um, in der «digitalen Welt» leiteten die Künstler:innen via Zoom einen Spiel-Workshop an und in der «theoretischen Welt» gingen wir in einem Lektürekurs der anderen Art den Ursprüngen von Game-Logik und Queer Theory nach. Ziel war es, zunächst experimentell in die jeweiligen Themen einzutauchen und in einem zweiten Schritt die Erfahrungen aus den Workshops in einen theoretischen Hintergrund einzubetten. In «Phase II – Aufbau und Üben» entwickelten die Künstler:innen jeweils ein Kunst-Games, das auf der Ebene der Darstellung, Mechanik oder des Spiels mit Erwartungen, Regeln und Codes bricht. Der Wissensaustausch zwischen Kein Museum und den Künstler:innen fand in monatlichen Treffen statt, an denen auch verschiedene Gäste teilnahmen. In «Phase III – Spielen» werden die drei Kunstprojekte schließlich im Kein Museum ausgestellt und so der Öffentlichkeit zur Interaktion freigegeben.


Mitgewirkt haben als künstlerische Forscher:innen Melody Chua, Quarck, Laurent Jakimow, als Kein Museum Lara Baltsch (Workshop), Julie Delnon (Workshop, Szenografie, Lektorat), Dorothea Deli (kritisches Feedback), Wanda Honegger (Grafik, Webseite, Szenografie), Carla Peca (Konzept, Gesamtleitung, Workshops, Blog, Szenografie), Nicole Schmid (Lektorat, kritisches Feedback), Lara Vehovar (Video) und als externe Partner:innen Jessica Sigerist und Sarah Klapisch von untamed.love (Workshop), Anaïs Steiner von Lust*Art (Inputs zu Consent und Queer Theory) und Serge Zehnder (Gast-Künstler, Workshop, kritisches Feedback).

Das Projekt «Queering Games» wurde mit der freundlichen Unterstützung von «Migros Next Generation – Test it!» realisiert. Das Kein Museum wird vom Kanton Zürich (Fachstelle Kultur) und der Stadt Zürich (Ressort Bildende Kunst) subventioniert.


Weitere Informationen auf dem Projekt-Blog: https://keinmuseum.ch/queering-game-blog 


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