Gegründet wurde das Kein Museum aus unserem Wunsch heraus als junge Kulturschaffende unsere (Forschungs-)Interessen als künstlerische oder ästhetische Forschung im Raum weiterzuführen und durch Kollaborationen mit Akteur:innen aus unterschiedlichen Sparten praktische Fähigkeiten und neue Denkweisen zu gewinnen. Das kuratorische Konzept des Kein Museums ist aus einer experimentellen Praxis entstanden, die in einem zweiten Schritt theoretisch eingeholt und vertieft worden ist. Dabei hat uns das «Experimentieren» als epistemologische wie auch als künstlerische Praxis begleitet und einen wichtigen Stellenwert in unserem Schaffen eingenommen. Das Projekt «Queering Games», welches uns von «Migros Next Generation – Test it!» ermöglicht wird, soll nun dazu dienen die Möglichkeiten des «Spielens» als Forschungs- und Ausstellungspraxis auszuloten. Dabei ist das «Spielen» dem «Experimentieren» natürlich strukturell verwandt, entspringt aber einem anderen historischen und theoretischen Hintergrund, dessen Implikationen wir gerne über theoretische und künstlerische Zugänge weiterverfolgen möchten. Das Hauptziel von «Queering Games» ist es, innerhalb des Kein Museums zu erforschen, wie wir das Spielen als Forschungs- und Ausstellungspraxis fruchtbar machen können, um mithilfe von aktuellen Erkenntnissen der Queer Theory bestehende normative Systeme zu destabilisieren.
Während wir bisher das «Kein» als Werkzeug betrachtet haben um Begriffe, Diskurse und Objekte in musealer Tradition aus ihrem Kontext zu heben und nach ihren relationalen Strukturen zu befragen, kann diese Praxis, verortet in der Queer Theory von Sara Ahmed, auch als queering oder queer use bezeichnet werden. In Bezug auf materielle Objekte bedeutet diese Form des queer use, dass der einstige Verwendungszusammenhang und Zweck durch seine Abwesenheit erfahrbar wird. Gleichzeitig treten die Form und Materialität des Objekts hervor und geben den Blick auf potenzielle Verwendungen frei. Diese Form des queer use lässt sich insbesondere im (Kinder-)Spiel feststellen, wenn beispielsweise ein Kochtopf spielerisch in eine Trommel umfunktioniert wird. Auch in den digitalen Strukturen des Videogames lässt sich queering praktizieren. Gerade Videogames können dazu dienen Mechanismen realer und imaginierter Systeme zu verstehen und diese kritisch zu hinterfragen. Videogames bilden so das ideale Medium um zu verstehen, wie Repräsentationssysteme entstehen und wie sie durchkreuzt werden können. Das Hacking (vom altenglisch «in Stücke schneiden», «eindringen», meint das Erlangen von unberechtigtem Zugriff auf Daten in einem System oder Computer) durch den Menschen als unberechenbarer Faktor im Spiel kann in diesem Kontext als queer use gefasst werden.
Im Rahmen von «Queering Games» untersuchen wir also wie Systeme entstehen, sich in Objekten niederschlagen und wie diese durchquert werden können. Dabei interessieren wir uns für die Schnittstelle zwischen der physischen und der digitalen Welt. Wie werden beispielsweise physikalische Gesetze ins Digitale übersetzt und wie kann mit diesen in der virtuellen Sphäre gespielt werden? Auch die Integration von Erkenntnissen im Spiel oder Videogame in den Alltag möchten wir untersuchen. So hat sich gerade im Bereich der klassischen Spiele wie Schach, Go aber auch Poker gezeigt, dass das Training mit künstlichen Intelligenzen (KIs) im Spiel gegen reale Gegner Vorteile bringt. KIs werden trainiert und erfinden am Ende eigene bisher unentdeckte Spielzüge. Während Laurent Jakimow, Melody Chua und Quarck durch ihre Projekte spielerisch diesen Fragen folgen, findet im regelmässigen Austausch mit der Projektleitung des Kein Museums auch ein theoretischer Austausch statt und es wird darüber nachgedacht wie physische, digitale und theoretische Welten durchquert werden können.