Das Projekt ist in drei Phasen aufgeteilt und lässt zu jedem Zeitpunkt den Austausch mit einem interessierten Publikum zu: In «Phase I – Anleitung lesen» vertiefen wir unsere theoretischen Kenntnisse der Queer Studies und Game Theorie und veranstalten öffentliche Workshops an der Schnittstelle von Theorie und kuratorischer bzw. künstlerischer Praxis. In «Phase II – Aufbau und Üben» erarbeiten drei Künstler:innen aus den Sparten Game Design, Performance und digitale Kunst – Laurent Jakimow, Melody Chua und Quarck – drei individuelle Varianten, wie physische und digitale Systeme produziert, analysiert und schliesslich zweckentfremdet werden können. Der Wissensaustausch zwischen Kein Museum und den Künstler:innen findet über monatliche Treffen statt, die als Open Studios auch von weiteren Interessierten besucht werden können. Letztendlich wird in «Phase III – Spielen» eine Kunst-Game-Ausstellung organisiert und die Projekte dem Publikum zur Interaktion freigegeben – vor Ort in Zürich, aber auch virtuell über das digitale Kein Museum.
Zieht ein Vogel in einen Briefkasten ein, verwendet ein Kind einen Kochtopf als Trommel oder werden lange Haare mit einem Bleistift zusammen gehalten, dann zeigt sich, dass obwohl diese Alltagsgegenstände nicht zu diesem Zweck entworfen wurden, sie sich durch Aneignung dazu verwenden lassen. Diesen Vorgang nennen wir Queer Use – spielerisch werden Gebrauchsgegenstände von ihrem Zweck entfremdet.
Werden Objekte, Lebewesen und Landschaften in eine digitale Game-Welt übersetzt, sind sie dort nicht mehr den physikalischen Gesetzen, sondern der Programmiersprache unterworfen. Ein Stuhl muss nicht mehr stabil sein, sondern kann sich wie Gummi verformen, wenn jemand darauf Platz nimmt. Eine Strasse kann sich während einem digitalen Spaziergang unendlich oft wiederholen, oder abrupt im leeren Grid enden. Wird ein politisches System wie eine Demokratie oder Diktatur in ein Videogame transformiert, kann ich als Spieler:in jede Rolle in diesem System ausprobieren, durchspielen und seinen Handlungsspielraum verstehen lernen. Dabei finden die Gamer:innen – gewollt oder nicht – unvorhergesehene Spielzüge oder Hacks, die den entworfenen Spielregeln zuwiderlaufen.
Im Spiel – so scheint es – lassen sich also Regeln, Gesetze, Normen und Konventionen erlernen, verstehen und ebenso leicht durchqueren oder hacken. Ausserhalb des Spiels sind diese Strategien und Praktiken jedoch nicht für alle zugänglich und anwendbar. Eine Reihe von Ausschliessungsmechanismen versperren die Teilhabe an dieser spielerischen Lebensweise. Meine mentale Identität, die Präsenz meines physischen Körpers, meine Herkunft, Religion und Sprache sowie meine Bildung und viele weitere Faktoren können Kriterien sein, vom Spiel ausgeschlossen zu werden. Wie können wir die im Spiel erarbeiteten Strategien und Praktiken auf das Leben ausserhalb ausweiten?
Kein Museum Forschung und Vermittlung: Lara Baltsch, Dorothea Deli, Julie Delnon, Isabella Krayer, Carla Peca, Lara Vehovar
Künstler:innen: Laurent Jakimow, Melody Chua, Quarck
Grafik: Wanda Honegger
Konzept: Carla Peca